Beziehungsaufbau im Internet

Dies ist ein studentischer Beitrag von Isabelle Schmidt, den sie im Rahmen der Vorlesung Online-Kommunikation verfasst. Isabelle studiert Publizistik- und Kommunikationswissenschaft im Hauptfach und Geschichte der Neuzeit im Nebenfach.

Dieser  Blogeintrag handelt um den Kontaktaufbau zweier Personen im Internet. Um dieses Phänomen illustrieren zu können, stütze ich mich in diesem Eintrag auf die Dating-App Tinder.

Bei Tinder handelt es sich um eine Kontaktbörse, die seit 2012 auf dem Markt ist. Seit der Lancierung der neuen App, verbreitete sich diese auf der ganzen Welt mit einer rasanten Geschwindigkeit. Das Prinzip besteht darin, möglichst einfach eine Beziehung zwischen zwei Leuten aufzubauen, die sich gegenseitig attraktiv finden. Um sich bei Tinder einschreiben zu können, ist der Nutzer lediglich verpflichtet ein Facebook-Profil zu verfügen, bis zu sechs Fotos hochzuladen und seinen Vornamen und sein Alter anzugeben. Bei den Suchkriterien muss dann noch schnell eingegeben werden, in welchem Umkreis ein Partner gesucht werden soll und an welchem Geschlecht und welcher Altersgruppe jemand interessiert ist. Schon wird die Suche gestartet: Vorgeschlagene Partner können anschliessend per Klick auf ein Herz ausgewählt und per Kreuz abgewiesen werden. Gibt es eine Übereinstimmung der Auswahl zweier Personen, wird ein Kontakt hergestellt. Konkret heisst das, dass zwei Menschen nur miteinander chatten können, wenn diese sich gegenseitig ein Herzchen geben.

tinder-1800-1386265003Es kann davon ausgehen werden, dass Tinder seinen Erfolg vor allem durch seine Einfachheit feiern kann. Seit dem Jahr 2012 wurde das Dating-App 10-50 Millionen Mal auf Androit heruntergeladen. Genaue Zahlen werden von dem Unternehmen zwar nicht verraten, aber nach Angaben von Tinder sollen täglich eine Billion Mal vorgeschlagene Partner angenommen oder abgelehnt werden.

Bei der Beschreibung dieser relativ neuen Kontaktbörse sticht vor allem der Aspekt der Wichtigkeit einer knappen und klaren Selbstdarstellung in die Augen. Jeder Nutzer muss anhand von nur sechs Fotos zeigen können, wie er selbst gerne gesehen werden möchte. Es gibt zwar die Möglichkeit, einige Sätze zu schreiben, um sich selber zu beschreiben. Allerdings wird diese Funktion nur von wenigen Personen genutzt.

Bei sozialen Beziehungen in der Online-Kommunikation werden vier prototypische Phasen von Freundschafts- und Liebesbeziehungen unterschieden: Die Aufbauphase, die Bestandsphase, die Krisenphase sowie die Auflösungsphase. Bei dem Dating-App Tinder geht es um einen gezielten Aufbau einer Liebesbeziehung (Aufbauphase).

Die Relevanz der Online-Kommunikation in dieser Phase besteht vor allem in der gezielten Partnersuche und der multimedialen Selbstdarstellung. Im Internet existieren verschiedene kommerzielle Kontaktbörsen, in denen gezielt Partner mit maximaler Übereinstimmung gesucht werden können. Die multimedialen Möglichkeiten der Selbstdarstellung sind je nach Kontaktbörse vielfältig. Während auf manchen Seiten sehr viel über eine Person preisgegeben wird (Hobbies, Lebenslauf, Lieblingsessen, Familie, etc.), gibt es auf Tinder nur sehr wenige Möglichkeiten der Selbstdarstellung: lediglich ein paar Fotos, ein Name und das Alter sind für andere Personen zugänglich. In der Aufbauphase einer Liebesbeziehung auf Tinder ist eine Selbstdarstellung also extrem eingeschränkt und bezieht sich nur auf das Äussere einer Person.

Meiner Meinung nach, ist die Dating-App in ihrer Anwendung zu direkt, da als alleiniges Auswahlkriterium das Aussehen (oder die Form der Selbstinszenierung einer Person) herangezogen wird. Das App funktioniert wie eine simple Katalog-Auswahl: „Du gefällst mir“/ „Nein, danke“.

Nur wenige Menschen finden über Tinder ihre wahre grosse Liebe. Viele Nutzer geben an, dass sie auch nicht daran glauben, durch das App eine seriöse Beziehung aufbauen zu können. Viele suchen vor allem Selbstbestätigung oder One-Night-Stands. Gemäss dem Wirtschaftsmagazin „Forbes“ dient die App dementsprechend eher dazu, den eigenen Marktwert kennenzulernen, als sein Herz zu verschenken.

Viele Nutzer werden von der App geradezu abhängig, da ihnen das Gefühl einer gewissen Macht über die oberflächliche Beurteilung einer Person gegeben wird. Die App kann also auch als eine „Spielerei“ angesehen werden. Diese wird allerdings problematisch, wenn die Enthemmung der Nutzer durch die Technik so gross wird, dass andere Nutzer nur noch beleidigt und hinters Licht geführt werden. Viele Nutzer beklagen sich darüber, dass viele Tinder ausschliesslich dafür brauchen, einen Sexpartner zu finden. Andere stört vielmehr die Unseriosität der Chat-Gespräche, während weitere vor allem über die Oberflächlichkeit der Dating-Börse bedauern.

sergioWie ist diese neue, oberflächliche und schnelle Partnersuche zu bewerten? Sollten wir uns beunruhigt fühlen, in welchem Ausmass das Aussehen eine immer grössere Rolle einnimmt? Wie kann die Enthemmung der Nutzer durch die Technik des Internets beurteilt werden?

Links:

http://www.nzz.ch/mehr/digital/tinder-spam-prostituierte-webcam-symantec-1.18344680 (3.12.2014)

http://www.huffingtonpost.com/2013/04/09/tinder-dating-app_n_3044472.html (3.12.2014)

http://paragonpoll.com/mobile-dating-tinder/ (3.12.2014)

http://www.pewinternet.org/2013/10/21/online-dating-relationships/ (3.12.2014)

http://topmobiletrends.com/tinder-dates-just-common/ (3.12.2014)

http://www.singleboersen-experten.ch/tinder-mobile-dating-app-im-test.html (3.12.2014)

http://www.gotinder.com/ (3.12.2014)

http://www.20min.ch/digital/news/story/Dating-App-Tinder-langweilt-die-Schweizer-22990589 (3.12.2.014)

http://www.20min.ch/digital/news/story/Hohe-Ansprueche-sind-bei-Tinder-fehl-am-Platz-10933458 (3.12.2.014)

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